Harz – Rennsteig

23.08. – 26.08. 2006

   

 

Start am Mittwoch um 7:45 in der Kötherstraße in Goslar bei Karsten Kliebsch, Veranstalter von Harzaktiv / Geführte Mountainbiketouren.

Mit von der Partie, Karsten und Klaus als wechselnde Guides, die beiden Dänen Flemming und Jesper, Joachim , Frank aus Göttingen, der uns einen Tag begleitete und ich, Torsten.

Interessant war die Auswahl der Bikes, bis auf Jesper mit seinem Race Hardtail „Scott Scale“ und Frank mit dem „Rotwild RCC“ Hardtail fuhren wir alle Full Suspension Bikes. Zwei mal Carbon Rahmen, der Rest auf unterschiedlichen Alu Legierungen unterwegs. Jeder hat hier seine eigenen Vorstellungen und Philosophien. Flemming fuhr vorn und hinten Tubeless, die Übrigen waren auf Schlauchreifen eingestellt.

Federwege von 80mm – 150mm, Shimano-, zwei mal Rohloff-  sowie Sram- Schaltwerke, Magura und Shimano Bremsen, Dämpfungssysteme namhafter Hersteller schmückten die Räder.

Bis auf Klaus, der am ersten Tag den Shuttleservice machte, waren alle Teilnehmer mit Scheibenbremsen unterwegs.

Hintergrund dieser Veranstaltung war und ist es, einmal den kompletten Thüringer Wald über den legendären Rennsteig von Hörschel nach Blankenstein zu überqueren, Start jedoch in Goslar am nördlichen Harzrand.  Diese Idee reifte bei Karsten und Wiebke nach einer zweitägigen Tour von Goslar zu Verwandten im Thüringer Wald vor ein paar Jahren.

 

Vor uns lagen vier Tagesetappen von jeweils ca. 100 Km und 1800 Hm.

 

Erster Tag

So machten wir uns am ersten Tag bei bescheidenen 12°C und leichtem Niesel auf den Weg von Goslar, Richtung Steinberg, alte Harzstraße am Bocksberg entlang über Hahnenklee nach Clausthal- Zellerfeld.

Je höher wir kamen umso rauer und unfreundlicher wurde das Wetter. Über das Dammhaus an beschaulichen Gräben des Oberharzer Wasserregals vorbei immer weiter Richtung Hochharz, über die Phillipbrücke dann den ersten knackigen Anstieg zur Stieglitzecke. Hier zeigten uns unsere Dänen Jesper und Flemming gleich ihre bestechende Topform an. Keiner konnte folgen.

Die Ackerstrasse immer die Höhe haltend Richtung Herzberg, im Anschluß ein erster knackiger Trail der aufgrund der nassen Wurzeln einiges an Konzentration abverlangte. Hier oben warfen uns 11 (ELF!) Plattfüße hintereinander bei fast allen Teilnehmern zeitlich um gut eine Stunde zurück. Bei mir machten sich Probleme mit der Schaltung breit die sich im Laufe des Tages verschlimmerten. 

Am Schloß Herzberg angekommen bei Kuchen, Getränken und endlich Sonnenschein entschieden sich Frank „Platt“ und ich auf die Weiterfahrt der restlichen 40 Km zu verzichten. Frank gab aufgrund der vielen Plattfüße einschließlich eingerissenem Mantel entnervt auf, bei mir streikte die Schaltung wodurch mir mehrere Gänge fehlten. Wir ließen uns von Franks Freundin Katja abholen und reparierten meine Schaltung auf deren Terrasse.

Die restliche Tagesetappe verlief landschaftlich reizvoll immer hoch und runter an Göttingen vorbei nach Klein Lengden.

Ich fuhr dann direkt zum Etappenziel „Zum Bahnhof“ wo ich fast zeitgleich mit den anderen ankam.

Die Zimmer gut und sauber, abends servierte uns die nette Wirtin Frau Voll Nudeln mit Geschnetzeltem. Nach ein paar Getränken und Telefonaten verschwanden alle recht zügig in Ihren Kojen.

Km: 116  Hm: 1740  Fahrzeit: 7h

 

Zweiter Tag

In aller Frühe wieder hoch, reichhaltiges Frühstück, Wetter stabil, sonnig, mild, bester Laune verabschiedeten wir uns in Richtung Werrabergland.

Heute führte Klaus. Etappenziel war Creuzburg in Thüringen.

Die Etappe erwies sich als die härteste der insgesamt 4 Etappen. Wir fuhren so gut wie immer der Werra in Sichtweite folgend Richtung Eisenach. Es wurden keine Berge ausgelassen, unter anderem die Heldrasteine, Burg Hanstein, Rothenstein, so dass wir am Ende fast 2000 Hm auf der Uhr hatten.

Zum Mittag machten wir in Bad Soden-Allendorf Rast, Italienisch unter freiem Himmel auf dem Marktplatz bei Sonnenschein, Bikerherz was willst du mehr? Hier ging gerade das Erntedankfest zu Ende. Die Stadt mit ihren alten Fachwerkhäusern und Kopfsteinpflastern war herrlich geschmückt mit Gersten- und Weizengarben, Strohblumen, bunten Fahnen und Wimpeln.

Weiter ging es, immer hoch und runter.

Plötzlich zog ein Gewitter auf, wir entschieden uns in einer Schonung Schutz zu suchen. Über uns krachten die Gewitterwolken, die Blitze schlugen über unsere Köpfe hinweg, uns war schon ein wenig mulmig. Eine halbe Stunde später und etwa 500 m weiter erkannten wir die Kraft dieses Gewitters, am Wegesrand lagen Haselnußgroße Hagelkörner und Eiskristalle, Blätter und Äste waren heruntergebrochen, Obst lag auf den Wiesen,  Rinnsale stürzten die Wege herab.

Gegen Abend erreichten wir Creuzburg, welches sich mal wegen der denkmalgeschützten Altstadt und der wunderschönen Burg als Ausflugsziel anbietet.

Der Tag verlief Pannen- und Sturzfrei.

Oben auf der Burg aßen wir in einem stilvollen Ambiente zu Abend. Die Frühstückspension war nett und gemütlich. Die Grundbedürfnisse reduzieren sich nach einer langen Tagesetappe lediglich aufs Duschen, trockene Klamotten, einen großen warmen Teller Essen und ein Bett.

Km: 101  Hm: 1878 Fahrzeit: 7h

 

Dritter Tag

Wir rollten gemütlich in der Frühe nach Hörschel, dem eigentlichen Ausgangspunkt des Rennsteigweges.

Der Rennsteig Radwanderweg wurde am 19.06.2006 eröffnet. Das Ziel, das die verantwortlichen Fremdenverkehrsämter mit diesem Weg verfolgen, ist der Versuch der Trennung von Wanderern und Mountainbikern, die in ständig steigender Zahl den Rennsteigweg bevölkern.

Für uns als Biker stellen aber gerade die anspruchsvollen Trails und Wurzelwege auf der Original Route des Rennsteig Wanderweges einen besonderen Reiz dar. Der neue Radweg ist für Biker eher etwas uninteressant, eine reine Waldautobahn. Mit 195 Km Gesamtlänge ist dieser Radwanderweg knapp 30 Km länger als der klassische Rennsteig. In seinem Verlauf sind aber nur 26 Km identisch mit dem Original.

Wir wählten auf der Tour eine Kombination aus beidem, Rennsteig Wanderweg und Radweg, der viele Regen an den folgenden zwei Tagen ließ die Wege, Steine und Wurzeln des Wanderweges sehr rutschig werden.

Es ging die ersten Stunden stetig bergan über Neuenhof, Clausberg, Steinkreuz Wilde Sau, Hohe Sonne zum Dreiherrenstein. Früh begann der vorhergesagte Regen, Sprühregen welcher ganz langsam unter die Klamotten kroch.

Mittagspause gönnten wir uns in einem Lokal auf dem Großen Inselsberg  916,5m , dem zweithöchsten Punkt des Rennsteiges.

Gestärkt und mit trockenen Sachen weiter entlang des Höhenzuges, unterhalb

des Großen Beerberges 982m, dem höchsten Punkt auf der Strecke Richtung Frauenwald.

Der Regen setzte wieder ein und wurde heftiger. Zudem wurde es stellenweise recht nebelig.

Eindrucksvoll war auch das Naturschauspiel welches uns hier geboten wurde. Direkt über uns, über dem Kammverlauf des Rennsteiges hingen dicke Regenwolken und ließen das Wasser nur so prasseln, rechts und links von uns klarte es auf, die Sonne schien und der Himmel wurde weit.

In Oberhof, etwa 25 Km vor unserem Tagesziel Frauenwald verabschiedete sich Achim durchnässt und erschöpft von uns. Klaus musste hier in die Rolle des Shuttelbusfahrers schlüpfen, sein Vorhaben abbrechen uns mit dem Rad entgegen zu kommen, und Achim abholen.

Die letzten Kilometer zum Hotel „Waldfrieden“ machten wir noch einmal ordentlich Druck, es dämmerte langsam und wir wollten einfach nur ins trockene.

Der Hotelwirt, selbst begeisterter und begnadeter Mountainbiker sorgte sich um die Räder, die nassen Klamotten und um unser leiblich Wohl mit Gegrilltem.

Ein langer, verregneter und dennoch landschaftlich und sportlich schöner Tag ging bei ein paar Bieren gemütlich zu Ende.

Km: 101  Hm: 2011 Fahrzeit: 7h

 

 

Vierter Tag

Heute mussten noch einmal die letzten Reserven in Form von Riegeln und Powergels mobilisiert werden, Tagesziel war Blankenstein an der Saale.

Es hatte die Nacht durch geregnet, der nächste morgen sah nicht besser aus. Wir warteten bis etwa halb zehn, die Lage veränderte sich nicht, los ging es.

Meine feuchten Radschuhe hatten trotz (nasser) Neoprenschuhe die Feuchtigkeit und Kälte bereits nach Km 1,68 an meine Füße weitergegeben. Den anderen ging es ähnlich. Flemming machte gelegentlich Pause um seine nassen Socken auszuwringen. Jesper redete fast gar nicht mehr, wir wollten einfach nur noch durch, ankommen.

Beschildert und beschrieben ist der Routenverlauf des eigentlichen Wanderweges mit einem großen R, auch Mareile genannt, an Bäumen und Steinen. Dazu das blaue Andreaskreuz auf weißem Grund oder die hölzernen Rennsteigwappen.

Zu allem Unglück verpassten wir einen Einstieg und drehten eine Ehrenrunde von etwa 10 Km.

Mittagspause dann in Neuhaus, wo sich ein Pizzabäcker unser erbarmte und uns außerhalb seiner Öffnungszeiten ein paar Nudeln kochte. Wir belegten mit unseren Versuchen, die Sachen irgendwie trocken zu kriegen, den halben Laden und machten ne Menge Dreck.

Jesper und ich bastelten uns aus einem Müllsack ein paar Plastikschuhe welche wir über ein noch trockenes Paar Socken mit Tape fixierten. Besser in seinem eigenen Saft zu ölen, als die Nässe von außen herein zu bekommen. Die Idee war gut. Die Füße blieben bis Blankenstein warm.

Weiter ging es über das Denkmal des Thüringer WSV,  Spechtsbrunn und Steinbach am Wald.

Etwa 25 Km vor unserem Reiseziel sammelte uns Karsten direkt an einer Schutzhütte am Grenzstreifen der ehemaligen DDR ein. Die Sonne kam raus, es wurde wärmer.

Wir hatten auf der heutigen Etappe bereits zum zweiten Mal die Landesgrenze zu Bayern passiert, nach der Wende konnte der Rennsteig wieder wie zu ursprünglichen Zeiten im Ganzen erwandert werden. Der Rennsteig gilt als historischer Kammweg und fand seine erste urkundliche Erwähnung im Jahre 1330 als „Rynnestieg“.

Er diente als Verbindungsweg zwischen zahlreichen Passgängen und Grenzweg zwischen Thüringer Kleinstaaten.

Nun hieß es noch einmal Kette rechts auf wechselndem Belag, immer auf und ab dem Endziel näher kommend.

In Blankenburg an der Saale war es dann endlich soweit, Tourende nach 427 Km und knapp 7000 Höhenmetern. Karsten empfing uns mit Sekt und Keksen, wir gratulierten uns und warfen die mitgebrachten Steine traditionell in die Saale.

Über 2 Stunden feierten wir an dem lauschigen Plätzchen unseren Tourerfolg, Karsten bedankte sich, machte Bilder und sprach ein paar Worte zu uns, auch stolz darauf, der erste MTB Tourenanbieter in Deutschland zu sein, der diese Premierentour mit uns erfolgreich zum Abschluß gebracht hat.

Diese Tour steht einem Alpencross in nichts nach, lediglich die Optik ist ein wenig softer als ein Alpenpanorama.

Keine größeren Stürze, bis auf den ersten Pannentag keinerlei weitere technische Probleme, Wetter durchwachsen und am Ende alle glücklich über die vollbrachte Leistung.

Dies zeigt, dass man ohne weiteres anspruchsvoll im Deutschen Mittelgebirgsraum unterwegs sein kann und nicht auf Höhenmeter verzichten muß.

Ein Lob an Karsten als Organisator und „Erfinder“ dieser Premierentour, besser hätte es nicht klappen können.

Km: 109  Hm: 1356  Fahrzeit: 6.30h

 

Gesamtkilometer         427

Gesamthöhenmeter   6985

Gesamtfahrzeit         27,5h